Das Dreispeichermodell des Gedächtnisses, auch bekannt als Mehrspeichermodell oder Drei-Speicher-Modell, ist ein klassisches Modell der Kognitionspsychologie, das ursprünglich von Richard Atkinson und Richard Shiffrin in den 1960er Jahren entwickelt wurde. Es beschreibt das menschliche Gedächtnis als ein System mit drei separaten Speichern:
Sensorisches Gedächtnis:
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- Nimmt sensorische Informationen aus der Umgebung auf.
- Informationen bleiben nur sehr kurz (Bruchteile einer Sekunde) im sensorischen Gedächtnis.
- Ermöglicht die erste Verarbeitung sensorischer Reize.
Kurzzeitgedächtnis (KZG):
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- Hält Informationen für kurze Zeit (Sekunden bis Minuten).
- Begrenzte Kapazität (etwa 7 ± 2 Elemente, laut Miller’s Gesetz).
- Dient als Arbeitsgedächtnis für die Verarbeitung und Manipulation von Informationen.
Langzeitgedächtnis (LZG):
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- Speichert Informationen über längere Zeiträume (Tage, Monate, Jahre).
- Unbegrenzte Kapazität.
- Informationen im Langzeitgedächtnis können durch Wiederholung, Bedeutung und Assoziationen konsolidiert werden.
Aktuelle Relevanz des Dreispeichermodells:
Das Dreispeichermodell hat maßgeblich zum Verständnis des menschlichen Gedächtnisses beigetragen und bildet die Grundlage für viele weitere Forschungstheorien. Jedoch gibt es auch kritische Weiterentwicklungen und alternative Modelle:
Arbeitsgedächtnismodell von Baddeley und Hitch:
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- Dieses Modell erweitert das Konzept des Kurzzeitgedächtnisses und beschreibt es als Arbeitsgedächtnis mit mehreren Komponenten: die phonologische Schleife, den visuell-räumlichen Notizblock und die zentrale Exekutive.
- Es betont die aktive Verarbeitung und Manipulation von Informationen.
Theorie der Verarbeitungstiefe (Levels of Processing Theory):
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- Diese Theorie von Craik und Lockhart schlägt vor, dass die Tiefe der Verarbeitung (oberflächlich bis tief) entscheidender für das Gedächtnis ist als die Speicherstrukturen.
- Tieferes, bedeutungsvolleres Verarbeiten führt zu besserem Erinnern.
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- Betonen die Rolle neuronaler Netzwerke und Parallelverarbeitungen.
- Sehen das Gedächtnis als Resultat der Verbindungen und Aktivierungsmuster zwischen Neuronen.
Integrierte Ansätze:
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- Moderne Ansätze kombinieren Elemente verschiedener Modelle und betonen die Interaktion zwischen unterschiedlichen Gedächtnissystemen und -prozessen.
- Sie berücksichtigen auch emotionale, kontextuelle und motivationale Faktoren.
Das Hemisphärenmodell, das die linke und rechte Gehirnhälfte unterschiedlichen kognitiven Funktionen zuordnet, ist eine populäre und weit verbreitete Vorstellung. Es basiert auf der Idee, dass die linke Hemisphäre vorwiegend für logische, analytische und sprachliche Aufgaben verantwortlich ist, während die rechte Hemisphäre kreative, emotionale und räumliche Aufgaben übernimmt.
Ursprung und Merkmale des Hemisphärenmodells (Zwei-Hälften-Modell):
Historischer Hintergrund:
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- Die Theorie wurde durch Studien von Roger Sperry und anderen Neurowissenschaftlern in den 1960er und 1970er Jahren populär, die die Folgen von Split-Brain-Operationen untersuchten, bei denen das Corpus Callosum durchtrennt wurde.
- Diese Studien zeigten, dass bestimmte Funktionen in spezifischen Gehirnhälften lokalisiert zu sein scheinen.
Typische Zuordnungen:
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- Linke Hemisphäre: Sprache, Logik, analytisches Denken, Mathematik.
- Rechte Hemisphäre: Kreativität, Intuition, Kunst, räumliches Vorstellungsvermögen.
Aktuelle Bewertung des Hemisphärenmodells:
In den letzten Jahrzehnten hat die neurowissenschaftliche Forschung das einfache Dichotomiemodell (Zwei-Teile-Ansatz) der Hemisphärennutzung zunehmend in Frage gestellt:
Komplexität der Hirnfunktionen:
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- Moderne Bildgebungstechniken wie fMRT und PET-Scans haben gezeigt, dass fast alle kognitiven Aufgaben Aktivität in beiden Hemisphären auslösen.
- Sprachverarbeitung, die traditionell der linken Hemisphäre zugeschrieben wird, kann auch in der rechten Hemisphäre stattfinden, besonders bei mehrsprachigen Menschen oder bei der Verarbeitung von Prosodie (Tonfall und Rhythmus der Sprache).
Interhemisphärische Kommunikation:
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- Das Corpus Callosum und andere Verbindungen zwischen den Hemisphären ermöglichen eine ständige Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen beiden Gehirnhälften.
- Viele kognitive Prozesse sind das Ergebnis einer integrierten Aktivität beider Hemisphären.
Individuelle Unterschiede:
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- Es gibt erhebliche individuelle Unterschiede in der Hirnorganisation. Manche Menschen können Funktionen in unterschiedlichen Hemisphären anders organisiert haben.
- Geschlecht, Händigkeit und Erfahrungen können ebenfalls die Hemisphärennutzung beeinflussen.
Neuroplastizität:
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- Unter neuronaler Plastizität oder Neuroplastizität versteht man die Eigenart von Synapsen, Nervenzellen oder auch ganzen Hirnarealen, sich zwecks Optimierung laufender Prozesse nutzungsabhängig in ihrer Anatomie und Funktion zu verändern. Je nach betrachtetem System spricht man dabei z. B. von synaptischer Plastizität oder kortikaler Plastizität. (wikipedia)
- Das Gehirn ist plastisch und kann sich an Veränderungen anpassen. Nach Verletzungen oder Krankheiten können andere Teile des Gehirns Funktionen übernehmen, die traditionell einer bestimmten Hemisphäre zugeschrieben werden.