Die BALKEN-Methode ist ein didaktisches Prinzip, das häufig in der beruflichen Ausbildung und im Unterricht verwendet wird. Sie beschreibt eine schrittweise und logische Reihenfolge, in der Lerninhalte vermittelt werden sollen. Dabei steht das Akronym BALKEN für sechs grundlegende Prinzipien des Lernens:
- Bekannt → Vom Bekannten zum Unbekannten
- Allgemein → Vom Allgemeinen zum Konkreten
- Leicht → Vom Leichten zum Schweren
- Konkretes → Vom Konkreten zum Abstrakten
- Einfach → Vom Einfachen zum Zusammengesetzten
- Nahe → Vom Nahen zum Fernen
Diese Methode orientiert sich an psychologischen und pädagogischen Erkenntnissen des Lernens, insbesondere an der Idee der Spiralcurricula von Jerome Bruner. Bruner betont, dass Lerninhalte in kleinen, aufeinander aufbauenden Schritten vermittelt werden sollten, um die kognitive Überforderung der Lernenden zu vermeiden.
Ein weiteres Konzept, das die BALKEN-Theorie beeinflusst, ist das Zonenmodell des Lernens von Lev Vygotsky, der die Bedeutung des Lernens in einem schrittweisen Prozess innerhalb der „Zone der proximalen Entwicklung“ hervorhebt. Hier wird das bekannte Wissen eines Lernenden genutzt, um ihn zu neuen, komplexeren Inhalten zu führen.
Die BALKEN-Methode fasst diese Prinzipien in eine praxisnahe Struktur für die Berufs- und Ausbildungspädagogik zusammen.
Pädagogischer Hintergrund
Die didaktischen Prinzipien, die im BALKEN-Akronym zusammengefasst sind, sind allgemein anerkannte didaktische Grundsätze und wurden nicht von einem einzigen Autor formuliert. Sie basieren auf langjährigen pädagogischen Erkenntnissen und wurden von vielen Pädagogen und Didaktikern im Laufe der Zeit entwickelt und beschrieben.
Dennoch gibt es bekannte Pädagogen und Didaktiker, die wesentlich zur Formulierung und Verbreitung dieser Grundsätze beigetragen haben. Dazu gehören unter anderem:
Johann Amos Comenius (1592–1670): Er wird oft als Vater der modernen Didaktik bezeichnet. In seinem Werk „Didactica Magna“ formulierte er viele Grundsätze, die heute noch relevant sind.
Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827): Er betonte das Prinzip des Lernens vom Einfachen zum Komplexen und die Bedeutung der Anschauung.
Friedrich Herbart (1776–1841): Er entwickelte die Theorie der Formalstufendidaktik, die die systematische Strukturierung des Lernprozesses beschreibt.
Maria Montessori (1870–1952): Sie betonte die Bedeutung der selbstständigen Aktivität der Lernenden und die Anpassung des Lernstoffs an deren individuelle Entwicklungsstufen.
Handwerk
B – Bekannt: Vom Bekannten zum Unbekannten.
Beispiel: In der Tischlerausbildung beginnt der Ausbilder mit der Erklärung und Anwendung einfacher Werkzeuge wie Hammer und Nägel, bevor er zu komplexeren Maschinen wie Tischkreissägen übergeht.
A – Allgemein: Vom Allgemeinen zum Konkreten.
Beispiel: Ein Elektrikerlehrling lernt zuerst die allgemeinen Prinzipien der Elektrizität und die grundlegenden Sicherheitsregeln, bevor er spezifische Aufgaben wie das Verdrahten eines Schalters durchführt.
L – Leicht: Vom Leichten zum Schweren.
Beispiel: Ein Maurerlehrling startet mit einfachen Mauern aus wenigen Ziegeln und erarbeitet sich Schritt für Schritt die Fähigkeit, komplexe Strukturen wie Rundbögen oder Fassaden zu errichten.
K – Konkretes: Vom Konkreten zum Abstrakten.
Beispiel: In der Metallbearbeitung beginnen die Lernenden mit dem Schmieden eines einfachen Metallhakens, bevor sie die abstrakten Prinzipien der Metallurgie und Werkstoffkunde kennenlernen.
E – Einfach: Vom Einfachen zum Zusammengesetzten.
Beispiel: Ein Malerlehrling übt zunächst das Auftragen von Grundierungen und einfachen Farbschichten, bevor er komplizierte Techniken wie Marmorierung oder Trompe-l’œil-Techniken erlernt.
N – Nahe: Vom Nahen zum Fernen.
Beispiel: Ein Schreinerlehrling arbeitet zuerst an Projekten, die im unmittelbaren Umfeld des Ausbildungsbetriebs liegen, wie das Anfertigen eines einfachen Regals, bevor er sich an größere Bauprojekte wie Möbelstücke für Kunden wagt.
Fachinformatiker/in Anwendungsentwicklung
B – Bekannt: Vom Bekannten zum Unbekannten.
Beispiel: Der Azubi beginnt mit bekannten Programmiersprachen, wie z.B. HTML oder Python, bevor er sich komplexeren und weniger vertrauten Technologien wie Frameworks oder Cloud-Lösungen widmet.
A – Allgemein: Vom Allgemeinen zum Konkreten.
Beispiel: Zunächst lernt der Azubi die allgemeinen Konzepte der Softwareentwicklung, wie die Softwarearchitektur und Programmiersprachen, bevor er sich auf konkrete Projekte konzentriert, z.B. das Entwickeln und Testen von spezifischen Anwendungen.
L – Leicht: Vom Leichten zum Schweren.
Beispiel: Der Auszubildende beginnt mit einfachen Aufgaben, wie der Erstellung kleiner Skripte oder dem Debuggen von Code, bevor er sich komplexeren Projekten wie der Entwicklung von umfangreichen Anwendungen oder der Implementierung von Datenbanken stellt.
K – Konkretes: Vom Konkreten zum Abstrakten.
Beispiel: Der Azubi startet mit der Programmierung kleiner, konkreter Funktionen, z.B. einer Login-Maske für eine Webseite, bevor er sich mit den abstrakten Konzepten der Softwareentwicklung wie Design Patterns oder der objektorientierten Programmierung befasst.
E – Einfach: Vom Einfachen zum Zusammengesetzten.
Beispiel: Zu Beginn kümmert sich der Azubi um einfache Aufgaben wie das Erstellen von Front-End-Elementen, bevor er sich in komplexere Aufgaben wie die Entwicklung einer vollständigen Anwendung mit Front-End und Back-End vertieft.
N – Nahe: Vom Nahen zum Fernen.
Beispiel: Der Auszubildende beginnt mit Aufgaben im direkten Umfeld, wie der Programmierung für interne Tools, bevor er sich größeren Projekten widmet, z.B. der Entwicklung von Softwarelösungen für externe Kunden oder internationalen Anwendungen.
Industriekaufmann/-frau
B – Bekannt: Vom Bekannten zum Unbekannten.
Beispiel: Der Azubi beginnt mit bekannten, einfacheren Aufgaben, wie dem Bearbeiten von Bestellungen und Rechnungen, bevor er sich mit komplexeren Aufgaben wie der Kosten- und Leistungsrechnung oder der Lagerbestandsüberwachung befasst.
A – Allgemein: Vom Allgemeinen zum Konkreten.
Beispiel: Zunächst lernt der Auszubildende die allgemeinen Abläufe in einem Unternehmen, wie die Grundlagen der Materialwirtschaft, bevor er sich in spezifische Abläufe wie die Disposition von Rohstoffen und die Koordination der Logistik vertieft.
L – Leicht: Vom Leichten zum Schweren.
Beispiel: Ein Industriekaufmann-Azubi startet mit der Eingabe und Pflege von Stammdaten in der EDV, bevor er eigenständig an anspruchsvolleren Aufgaben wie der Kalkulation von Angeboten und der Erstellung von Monatsberichten beteiligt wird.
K – Konkretes: Vom Konkreten zum Abstrakten.
Beispiel: Der Azubi arbeitet zunächst an konkreten Aufgaben wie dem Verbuchen von Eingangsrechnungen, bevor er sich den abstrakteren Themen wie der Budgetplanung oder dem Finanzcontrolling widmet.
E – Einfach: Vom Einfachen zum Zusammengesetzten.
Beispiel: Zu Beginn kümmert sich der Azubi um einfache Aufgaben, wie die Bestellung von Büromaterialien, bevor er komplexere Aufgaben übernimmt, wie das Erstellen von Bedarfsanalysen und die Planung von Produktionskapazitäten.
N – Nahe: Vom Nahen zum Fernen.
Beispiel: Der Azubi beginnt mit Aufgaben im unmittelbaren Umfeld, wie der Unterstützung im internen Einkauf oder der Verwaltung von Lieferantendaten, bevor er sich auf internationale Märkte und die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern konzentriert.
Verwaltungsfachangestellte/r
B – Bekannt: Vom Bekannten zum Unbekannten.
Beispiel: Ein Verwaltungsfachangestellter beginnt mit der Bearbeitung einfacher Vorgänge, wie dem Ausstellen von Meldebescheinigungen, bevor er komplexere Aufgaben wie die Bearbeitung von Bauanträgen oder Haushaltsplanungen übernimmt.
A – Allgemein: Vom Allgemeinen zum Konkreten.
Beispiel: Zunächst lernt der Verwaltungsfachangestellte die allgemeinen Grundlagen des Verwaltungsrechts, bevor er diese auf konkrete Fälle anwendet, wie die Erteilung von Genehmigungen oder die Abwicklung von Sozialleistungen.
L – Leicht: Vom Leichten zum Schweren.
Beispiel: Ein neuer Mitarbeiter bearbeitet zunächst einfache Anfragen von Bürgern, etwa zur Ausstellung von Ausweisdokumenten, bevor er sich komplexeren Verwaltungsverfahren wie der Durchführung von Ausschreibungen oder der Bearbeitung von Widersprüchen widmet.
K – Konkretes: Vom Konkreten zum Abstrakten.
Beispiel: Der Verwaltungsfachangestellte lernt zuerst anhand konkreter Antragsfälle, wie er Verwaltungsentscheidungen vorbereitet und ausführt, bevor er sich mit den abstrakten gesetzlichen Grundlagen und rechtlichen Prinzipien befasst, die diesen Entscheidungen zugrunde liegen.
E – Einfach: Vom Einfachen zum Zusammengesetzten.
Beispiel: Zuerst bearbeitet der Verwaltungsfachangestellte einfache Vorgänge wie die Verlängerung von Personalausweisen, bevor er sich um komplexere Aufgaben wie die Koordination von Bürgerbeteiligungsverfahren oder interkommunale Kooperationen kümmert.
N – Nahe: Vom Nahen zum Fernen.
Beispiel: Der Verwaltungsfachangestellte beginnt mit Aufgaben, die sich auf das direkte Umfeld der Behörde beziehen, wie interne Verwaltungsaufgaben, bevor er sich an übergeordnete Projekte wagt, etwa die Kooperation mit anderen Verwaltungen oder die Umsetzung von landesweiten Vorgaben.