0176/97884164 oder 02227/909040 p.nolte@nova-nexus.de

Maßregelungsverbot nach § 612 a BGB

Unabdingbares Recht des Arbeitnehmers

  • 612a BGB schützt Arbeitnehmer davor, benachteiligt zu werden, wenn sie ihre Rechte ausüben. Es verbietet nicht nur Vereinbarungen, sondern auch jegliche Maßnahmen oder Handlungen des Arbeitgebers, die auf die Rechtsausübung des Arbeitnehmers abzielen.

Verbot von Benachteiligung

Arbeitnehmer dürfen nicht für die Ausübung ihrer Rechte, wie etwa das Einreichen einer Beschwerde, bestraft oder benachteiligt werden. Arbeitgeber sollten vorsichtig sein, da solche Benachteiligungen wie eine Kündigung nach einer Beschwerde möglicherweise unwirksam sein können, wenn ein direkter Zusammenhang zwischen der Beschwerde und der Maßnahme besteht.

Rechtmäßige Ausübung von Rechten

Der Arbeitnehmer darf keine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzen, wenn er seine Rechte ausübt.

Formen von Benachteiligungen

Maßnahmen im Sinne des Gesetzes umfassen Diskriminierung, Schikane oder das Vorenthalten von Leistungen, die anderen Arbeitnehmern gewährt werden.

Direkter Zusammenhang zwischen Rechtsausübung und Maßnahme

Es muss ein klarer Zusammenhang zwischen der Ausübung eines Rechts (z.B. Beschwerde) und der Maßnahme (z.B. Kündigung) bestehen. Die Rechtsausübung muss der wesentliche Grund für die Maßnahme sein.

Erleichterte Beweisführung

Da es schwierig ist, die Absichten des Arbeitgebers zu beweisen, hat der Arbeitnehmer eine erleichterte Beweislast. Es genügt, wenn ein offensichtlicher Zusammenhang, beispielsweise durch zeitliche Nähe, besteht.

Folgen eines Verstoßes

Maßnahmen, die gegen § 612a BGB verstoßen, sind nichtig. Eine solche Kündigung wäre unwirksam und benachteiligende Maßnahmen wie Versetzungen oder die Verweigerung von Prämien müssten rückgängig gemacht werden.

Empfehlungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Arbeitgeber sollten Ruhe bewahren und rechtliche Beratung suchen, um keine unüberlegten Schritte zu unternehmen. Arbeitnehmer sollten ihre Rechte bewusst und rechtmäßig ausüben und wachsam sein, wenn sie Anzeichen von unrechtmäßigen Maßnahmen erkennen.

Beispiele

Beschwerde über Arbeitsbedingungen und anschließende Kündigung: Ein Arbeitnehmer beschwert sich bei der Personalabteilung über gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen in seiner Abteilung. Kurze Zeit später erhält er die Kündigung. Da die Kündigung direkt nach der Beschwerde erfolgt, könnte der Arbeitnehmer § 612a BGB anführen, um zu behaupten, dass die Kündigung eine Maßregelung für seine Beschwerde war. Wenn der zeitliche Zusammenhang und andere Umstände dies unterstützen, wäre die Kündigung aufgrund des Maßregelungsverbots unwirksam.

Gehaltserhöhung wird verweigert nach einer Arbeitszeitforderung: Eine Arbeitnehmerin fordert von ihrem Arbeitgeber die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten, da sie regelmäßig Überstunden leisten muss, ohne dafür eine Vergütung oder Freizeitausgleich zu erhalten. Nachdem sie ihre Rechte geltend gemacht hat, wird ihr als einzige Mitarbeiterin die jährliche Gehaltserhöhung verweigert. Wenn sie nachweisen kann, dass die Verweigerung der Erhöhung im direkten Zusammenhang mit ihrer Forderung nach der Einhaltung der Arbeitszeiten steht, könnte dies einen Verstoß gegen § 612a BGB darstellen.

Versetzung in eine unattraktive Position nach einer Beschwerde über den Vorgesetzten: Ein Arbeitnehmer beschwert sich bei der Geschäftsführung über das Verhalten seines direkten Vorgesetzten, da dieser ihn wiederholt unfair behandelt hat. Wenige Wochen später wird der Arbeitnehmer ohne stichhaltigen Grund in ein fensterloses Archiv versetzt, wo er kaum noch Aufgaben erhält. Wenn der Arbeitnehmer nachweisen kann, dass die Versetzung eine Folge seiner Beschwerde war, wäre dies nach § 612a BGB eine unzulässige Maßregelung, und die Versetzung müsste rückgängig gemacht werden.

 

Beschwerde über Ausbilder

Ein Auszubildender beschwert sich, weil er unfaire Aufgaben bekommt. Danach wird er in eine Abteilung versetzt, die nichts mit seiner Ausbildung zu tun hat. Dies könnte eine unzulässige Maßregelung gemäß § 612a BGB sein.

Meldung von Sicherheitsmängeln

Ein Auszubildender meldet Sicherheitsverstöße im Betrieb. Als der Vorgesetzte ihn verdächtigt, wird ihm mit schlechten Bewertungen gedroht. Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) und § 612a BGB schützen ihn vor solchen Repressalien.

Urlaub verweigert nach Beschwerde

Eine Auszubildende beschwert sich über ständige Überstunden. Kurz darauf wird ihr Urlaub abgelehnt, während andere Auszubildende Urlaub bekommen. Das könnte eine verbotene Maßregelung nach § 612a BGB sein.

Synergien zwischen AGG, HinSchG und § 612a BGB

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) -Whistleblower-Schutz- ergänzen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB, indem sie spezifische Regelungen zum Schutz vor Diskriminierung und zum Schutz von Hinweisgebern beinhalten. Beide Gesetze tragen dazu bei, dass Arbeitnehmer umfassend vor negativen Konsequenzen aufgrund der Wahrnehmung ihrer Rechte geschützt werden.

Einbindung des AGG

Das AGG schützt Arbeitnehmer vor Diskriminierung aufgrund bestimmter Merkmale wie Geschlecht, ethnische Herkunft, Religion, Alter, sexuelle Identität oder Behinderung. Es untersagt Benachteiligungen im Arbeitsverhältnis und ergänzt damit das Maßregelungsverbot aus § 612a BGB.

Bezug zu § 612a BGB

Wenn ein Arbeitnehmer im Rahmen des AGG seine Rechte geltend macht, z.B. eine Beschwerde wegen Diskriminierung einreicht, darf der Arbeitgeber keine negativen Konsequenzen (wie Kündigung, Versetzung oder Lohnkürzungen) aus dieser Beschwerde ziehen. Der Schutzmechanismus des AGG und das Maßregelungsverbot aus § 612a BGB wirken hier zusammen, um sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer für die Ausübung seines Rechts auf Gleichbehandlung nicht bestraft wird.

Beispiel

Eine Arbeitnehmerin beschwert sich über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und wird danach versetzt oder gekündigt. Diese Maßnahme könnte sowohl gegen § 612a BGB (Maßregelungsverbot) als auch gegen das AGG (Schutz vor Diskriminierung) verstoßen.

Einbindung des HinSchG

Das Hinweisgeberschutzgesetz schützt Arbeitnehmer, die Missstände, illegales Verhalten oder Gefährdungen in ihrem Unternehmen melden (sogenanntes „Whistleblowing“), vor Repressalien. Es soll sicherstellen, dass Hinweisgeber nicht aufgrund ihrer Meldung diskriminiert, benachteiligt oder gekündigt werden.

Bezug zu § 612a BGB

Das Hinweisgeberschutzgesetz stärkt das Maßregelungsverbot, indem es festlegt, dass Hinweisgeber, die in gutem Glauben Informationen über illegale oder unethische Handlungen weitergeben, nicht benachteiligt werden dürfen. Sollte ein Arbeitgeber dennoch Maßnahmen wie eine Kündigung oder Benachteiligung durchführen, greift § 612a BGB zusätzlich, um sicherzustellen, dass diese Maßnahmen unwirksam sind.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer meldet dem internen Compliance-Team Korruptionsverdachtsfälle im Unternehmen. Kurze Zeit später wird er ohne stichhaltigen Grund degradiert oder erhält eine Kündigung. Der Arbeitnehmer könnte sich hier auf das Hinweisgeberschutzgesetz sowie auf § 612a BGB berufen, um die Maßnahme anzufechten.